Test: Sicherheit und Datenschutz
Messenger unter der Lupe: ICQ und WeChat mit teils katastrophalen Sicherheitsmängeln
"Wir waren neugierig, wie sich ICQ entwickelt und ob WeChat in Sachen Sicherheit seine Hausaufgaben gemacht hat", so PSW Group-Geschäftsführerin Patrycja Schrenk über die Gründe zur Auswahl der beiden Messenger-Dienste
Zum vorerst letzten Mal in ihrer Messenger-Testreihe haben die IT-Sicherheitsexperten der PSW Group noch einmal zwei Diensten auf den Zahn gefühlt. Während sich das Team Messenger WeChat im Jahr 2016 schon einmal genau angesehen hat – damals ließ zwar die Funktionalität keine Wünsche offen, jedoch waren die Sicherheitsmerkmale des Messengers katastrophal –, nahm PSW Group ICQ New erstmals unter die Lupe: "ICQ gilt als Mutter aller internet-weiter Instant-Messaging-Dienste. Smartphones gab es 1998, als ICQ sich als Chatdienst auf dem Rechner etablierte, noch nicht. Inzwischen gehört der Dienst nicht mehr zu AOL, sondern dem russischen Unternehmen VK und läuft unter dem Namen ICQ New. Wir waren neugierig, wie sich ICQ entwickelt und ob WeChat in Sachen Sicherheit seine Hausaufgaben gemacht hat", so Geschäftsführerin Patrycja Schrenk über die Gründe zur Auswahl der beiden Messenger-Dienste.
Die Ernüchterung bei beiden Diensten kam prompt: Während der Funktionsumfang, die Bedienung und Zuverlässigkeit von ICQ New die Tester absolut überzeugten, erntet die Sicherheit harsche Kritik: "Die Sicherheit des Messengers scheint noch auf dem Stand der 90er Jahre zu sein", bringt es Schrenk auf den Punkt. Ähnlich fällt auch ihr Urteil zu WeChat aus: "Auch WeChat legte bei Einstiegshürden und Usability ordentlich los, nur um bei Sicherheit und Datenschutz extrem nachzulassen."
ICQ machte zu Beginn unseres Tests eine wirklich gute Figur. Der kostenfreie Messenger lässt sich auf allen erdenklichen Plattformen nutzen und arbeitet zuverlässig. Bei den Berechtigungen geht es zwar sparsamer, aber Platzhirsch WhatsApp greift noch deutlicher zu. Kontakte können, müssen aber nicht synchronisiert werden. Mit zahlreichen Funktionen und nicht zuletzt mit der hauseigenen Künstlichen Intelligenz (KI) kann der Messenger einiges, was die Konkurrenz nicht kann. "ICQ New hat eine KI mit an Bord, die Sprachnachrichten in Text umwandeln kann. Das ist praktisch vor allem in Situationen, in denen ein Abhören von Nachrichten nicht möglich ist. Die KI bietet auch gleich passende Antworten auf die Nachricht an, sodass Antworten zügig versendet werden", informiert Patrycja Schrenk.
Das war es jedoch mit den Positiv-Punkten. Denn die Sicherheit des Messengers bezeichnet die IT-Sicherheitsexpertin als desaströs: "Verschlüsselung gibt es gegebenenfalls, aber eigentlich nicht. Weitere Schutzmechanismen haben wir vergebens gesucht. Nicht einmal ein zweiter Faktor für den Login existiert. Die Sicherheits- und Datenschutzeinstellungen können, müssen aber nicht funktionieren – so steht es tatsächlich in der Datenschutzerklärung. Die Server des Unternehmens befinden sich außerhalb des EWR, wahrscheinlich in Russland, genaue Informationen gibt es jedoch nicht. Genauso fehlen Informationen über die Speicherdauer von Nutzerdaten. Hier verweist ICQ lediglich auf die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, das aber einfach zu wenig ist", bemängelt Schrenk. Deutliche Kritik müssen auch die Rechtstexte, insbesondere die Nutzerbedingungen einstecken: Alle von seinen Nutzenden versendeten Inhalte darf ICQ zu allen erdenklichen Zwecken, einschließlich Marketing, verwenden. Nachrichten werden durchscannt und Daten von Nutzenden können in der gesamten Unternehmensgruppe umhergereicht werden.
Wie schon ICQ legte auch WeChat im Test ordentlich los, um dann extrem nachzulassen: Die Einstiegshürden wuppt der Messenger recht gut, einzig die zahlreichen Berechtigungen führten zu Kritik. Auch die Usability stimmt: Die Featureliste ist extrem lang – jedoch in erster Linie durch die zusätzlichen Mini-Apps, die die Funktionalität von WeChat immens erweitern können. Die Bedienung ist einfach, der Messenger arbeitet im Großen und Ganzen zuverlässig. Volle Punktzahl im Testbereich Usability für WeChat!
Das Problem ist die Sicherheit: Wie schon vor fünf Jahren bricht dieser Testpunkt auch in diesem Jahr WeChat das Genick. Verschlüsselt wird nur zwischen Client und Server, so dass Nutzerdaten nicht umfassend geschützt sind. Weitere Schutzmechanismen existieren kaum.
Während die Datenschutzerklärung von WeChat klar erklärt, wie Daten verarbeitet werden, sorgen die Nutzungsbedingungen mit ihrer Fülle erst mal für Frust beim Lesen: Einige Abschnitte gelten für europäische Bürger, andere für alle Nutzenden, einige für Weixin-, andere für WeChat-Nutzende. Erfreulich ist, dass WeChat auch deutschsprachige Versionen seiner Rechtstexte bereithält. "Unerfreulich sind jedoch die Widersprüche zur Datenspeicherung, die wir in den Rechtstexten fanden. So heißt es beispielsweise in den Nutzungsbedingungen, dass WeChat berechtigt ist, Inhalte nach Beendigung der Nutzung des Messengers zu behalten und weiter zu nutzen oder Strafverfolgungsbehörden auszuhändigen. Nach Angaben auf den offiziellen Hilfsseiten des Dienstes werden Inhalte aber bereits nach einigen Stunden gelöscht", nennt Schrenk ein Beispiel. Ein weiterer Minuspunkt: Diverse inhaltliche Passagen in den Nutzungsbedingungen. So erhält WeChat ein uneingeschränktes Nutzungsrecht an Inhalten von Nutzenden oder verarbeitet aufgrund diverser Serverstandorte Daten überall auf der Welt. (PSW Group: ra)
Weitere Informationen unter: https://www.psw-group.de/blog/messenger-test-2021-icq-vs-wechat/8491
eingetragen: 15.02.22
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